Borreliose-Syphilis der Wälder
Borreliose – die Syphilis der Wälder
Borrelien sind schraubenförmige Bakterien, die zur Familie der Spirochäten gehören und sich mit beweglichen Geißeln aktiv durch das Gewebe, nach überwiegender Ansicht der Ärzte niemals im Blut oder der Gehirnflüssigkeit, bewegen können. Sie sind verwandt mit der Spirochäte Trepto pnene pallidium, die die Syphiliserkrankung auslöst. Borrelien werden hauptsächlich von der Schildzecke übertragen, aber auch von Grasmilben, Bremsen, Stechmücken und Pferdebremsen.
Es gibt verschiedene Unterarten der Borrelien, die unter den Oberbegriff der Borrelia burgdorferi sensu lato gefasst werden und in unseren Breitengraden Lymeborreliose beim Menschen hervorrufen können. Hierzu gehören die borrelia afzelii, borrelia garinii, borrelia spinanii und borrelia burgdorferi.
In den USA kommt am häufigsten die Bakterie borrelia burgdorferi senso stricto vor, die selten in Europa auftritt. Da sie andere Manifestationen der Erkrankung verursacht, können die medizinischen Erkenntnisse aus den USA nicht 1:1 auf Europa übertragen werden.
In Studien wird dargelegt, dass die Durchseuchung der Zeckenpopulation in Süddeutschland und Mitteldeutschland (mit 35 % bis zu 50 % der Zecken) höher liegt, als in den nördlichen Bundesländern. Hier soll sie allerdings auch schon einen Durchschnitt von 6 – 10 % betragen.
Zuverlässige Zahlen über neue Erkrankungsfälle liegen für das gesamte Bundesgebiet nicht vor, da nicht überall eine Meldepflicht besteht. Der Bundesgesetzgeber kann zwar eine Regelung treffen. Hiervon hat er aber abgesehen. Meldepflicht besteht z.B. für die Syphilis, die FSME, die ebenfalls durch Zecken übertragen wird und die borrelia recurrentis, die durch Läuse übertragen wird. Warum die borrelia burgdorferi sensu lato nicht in das Infektionsschutzgesetz aufgenommen wird, ist nicht verständlich, da sie die Kriterien hierfür erfüllt. Offensichtlich hat der Gesetzgeber die Brisanz dieser Erkrankung noch nicht erkannt oder er will sie bewusst nicht in den Fokus stellen, was mehr als verantwortungslos wäre.
Es obliegt mithin den Ländern, Gesetze über die Meldepflicht zu erlassen. Hierzu waren bisher die Länder Saarland, Bayern, Rheinland-Pfalz sowie Berlin und die neuen Bundesländer – in denen die Krankheit seit jeher meldepflichtig war – bereit. Obwohl insbesondere die Gesetzgeber in NRW immer wieder beteuern, wie wichtig ein solches Meldegesetz wäre, ist bis heute ein Meldegesetz nicht erlassen worden.
Auch darüber, wie viele Menschen an chronischer Borreliose erkrankt sind, liegen keine offiziellen Zahlen vor. Aus Hochrechnungen hat der Borreliose und FSME Bund Deutschland e. V. für das Jahr 2008 ermittelt, dass sich ca. 800.000 Patienten wegen chronischer Borreliose behandeln ließen. Die Dunkelziffer der tatsächlich an chronischer Borreliose Erkrankten dürfte allerdings weit höher liegen, da vielfach die Borrliose als mögliche Verursacherin anderer Erkrankungen nicht gesucht und erkannt wird, worauf noch zurückzukommen sein wird.
Stadium 1 der Erkrankung
Ob eine Infizierung mit Borrelien stattgefunden hat ist erkennbar an einer Wanderröte (eritherma chronicum migrans), die wenige Tage nach dem Einstich auftritt. Die Rötung ist zunächst an der Einstichstelle zu sehen, in der späteren Entwicklung bildet sie einen Kranz in einem gleich bleibenden Abstand von einigen cm rund um die Einstichstelle und wandert immer weiter von der Einstichstelle weg, während sie im Zentrum immer mehr abblasst. Die Hautrötung kann von 4 bis 6 Wochen andauern. Die Rötung ist eine Entzündung und zeigt an, dass der Organismus mit Antikörpern auf die Eindringlinge reagiert, die sich im weiteren Verlauf immer weiter von der Einstichstelle fortbewegen. Die Entzündung geht meist mit einem extremen Juckreiz einher.
Bei 50 % der Neuerkrankungen bildet sich allerdings keine typische Hautrötung aus! Aus dem Ausbleiben der Hautreaktion sollte daher nicht auf das Fehlen der Borreliose geschlossen werden. Auch, wenn dieses Symptom ausbleibt, sollte in der Frühphase auf jeden Fall anhand einer Blutuntersuchung ca. 14 Tage nach dem Einstich überprüft werden, ob eine Borrelieninfektion vorliegt. Zu diesem Zeitpunkt kann allerdings schon Stadium 2 oder 3 der Erkrankung eingetreten sein!
Außer der Hautrötung kann in der Frühphase ein Lymphozytom auftreten. Ein Lymphozytom ist eine Ansammlung von Lymphozyten in der Haut oder Unterhaut eines weichen und gut durchbluteten Gewebes und bildet sich in einer roten bis dunkelroten Verdickung ab (z.B. am Ohrläppchen). Das Lymphozytom trifft man etwa bei 4 % der Borrelioseinfizierten an, typischerweise bei Kindern, selten bei Erwachsenen.
Mit der Wanderröte oder dem Lymphozytom kann in diesem Stadium eine grippeähnliche Erkrankung, evtl. mit hohem Fieber, Gliederschmerzen, Krankheitsgefühl ohne Husten und Schnupfen, auftreten, was auf einen schweren Krankheitsverlauf hindeutet. Manchmal kann dies aber erst in einem späteren Stadium beobachtet werden.
Die Hautrötung klingt nach einer Zeit ab. Das Verschwinden ist jedoch kein Indiz dafür, dass die Borreliose ausgeheilt ist.
Einigkeit zwischen den Ärzten besteht, dass die Erkrankung in dem ersten Stadium sehr gut heilbar ist, wobei Antibiotika, meist Tetracyclin, wie z.B. Doxycyclin, eingesetzt wird. Über die Menge und tägliche Dosis besteht jedoch keine Übereinstimmung. Vom Robert Koch Institut und den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie werden eine tägl. Dosis von 200-300 mg über 14 Tage empfohlen, während die Ärzte der Deutschen Borreliosegesellschaft e.V. eine höhere Dosis von 400 mg abhängig vom klinischen Verlauf über einen Zeitraum von vier Wochen für notwendig erachten.
Nach nicht amtlichen Ergebnissen werden 95 % der Erkrankungen im Frühstadium geheilt.
Bereits 4 Wochen nach Infektionsbeginn nach anderer Quelle bereits weit vorher ist der Behandlungserfolg weit geringer, daher kann nur empfohlen werden, die Antibiotika-therapie frühzeitig anzusetzen.
Stadium 2 und 3 der Erkrankung
Wenn der Erreger im Körper gestreut hat und nicht rechtzeitig behandelt worden ist, bzw. die Behandlung nicht angeschlagen hat, breiten sich die Borrelien in dem gesamten Organismus aus, wo sie Organe und Gewebe befallen und bleibende Schäden verursachen können.
Es treten Symptome, wie Schwellungen der lokalen Lymphknoten, meist in der Nähe der Einstichstelle auf, Lähmungen der Gesichtsnerven, Nervenschmerzen, die nicht oder kaum auf Schmerzmittel ansprechen, Entzündungen der Nerven, Schwellungen der Gelenke, Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates und Beeinträchtigungen der Psyche und der kognitiven Fähigkeiten.
Übergangslos geht die Krankheit dann in das Spätstadium über, der chronischen Borreliose, die in wiederholten Schüben auftritt. Dieses Stadium der Erkrankung wird selten als Folge der Borreliose erkannt, weil es kein typisches Krankheitsbild gibt, das eindeutig der Borreliose zugeordnet werden kann. Als typisch gelten allgemein, Entzündungen der Gelenke, chronische Erschöpfung, Wesensveränderungen, Stimmungsschwankungen und eine teilweise lebensbedrohliche Verschlechterung des Allgemeinzustandes, der sogar nach vereinzelter Auffassung tödlich verlaufen kann. Weitere Krankheitsbilder, die zumindest von einem Teil der Ärzte der Borreliose zugeordnet werden, werden im weiteren Text noch beschrieben.
Bereits in diesem Stadium sind Bluttests nicht immer zuverlässig. Nur bei einer vermuteten Neuro-Borreliose können Biopsien und die Ergebnisse einer Untersuchung des Nervenwassers als sicher betrachtet werden.